Der Weg zum Führerschein

Eins vorweg: Wenn Sie vor dem Eintritt Ihrer Behinderung bereits einen Führerschein hatten, brauchen Sie keinen neuen machen. Was Sie in diesem Fall beachten müssen, finden Sie unter dem Punkt Führerschein-Anpassung.

Wenn Sie den Führerschein neu erwerben möchten, ist es wichtig, dass Sie sich nicht gleich bei einer Fahrschule anmelden. Sie sollten zunächst verschiedene Optionen prüfen, vor allem, ob und unter welchen Bedingungen Ihnen ein Kostenträger den Führerschein bezahlt. Sobald Sie sich ohne vorherige Absprache bei einer Fahrschule angemeldet haben, entfällt die Möglichkeit einer Kostenübernahme auf jeden Fall.

Schritt 1: Suche der geeigneten Fahrschule.

Der EU-Führerschein - Quelle: Bundesdruckerei
Der EU-Führerschein - Quelle: Bundesdruckerei

Zunächst sollten Sie prüfen, ob es an Ihrem Wohnort oder nicht weit davon entfernt eine Fahrschule gibt, die sich auf die Ausbildung von Fahrern mit Handicap spezialisiert hat. Der Bundesverband der Fahrlehrer (BVF e.V.) hat dazu eine Liste herausgebracht, in der entsprechende Fahrschulen nach Postleitzahlen sortiert aufgeführt sind.

Diese Liste finden Sie hier: www.fahrlehrerverbaende.de.

Sobald Sie eine geeignete Fahrschule gefunden haben, sollten Sie dort in einem persönlichen Gespräch klären, ob Sie dort Ihre Fahrausbildung mit Ihren spezifischen Anforderungen machen können. Falls das der Fall sein sollte: Nicht anmelden! Lassen Sie sich zunächst einen Kostenvoranschlag erstellen!

Schritt 2: Der Antrag bei Ihrem Kostenträger (Leistungsträger).

Als Nächstes sollten Sie klären, ob und von wem Sie gegebenenfalls gefördert werden. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Seite „Kann ich gefördert werden? Zuständige Kostenträger!". Sollte Ihnen eine Förderung gemäß den Vorgaben der Sozialträger in Deutschland zustehen, müssen Sie den Antrag bei Ihrem zuständigen Kostenträger stellen, bevor Sie sich bei einer Fahrschule anmelden.

Ihren Antrag stellen Sie auf Basis der gleichen Antragsformulare und Regelungen, auf denen Sie später auch die Kostenübernahme für den behindertengerechten Umbau oder den Zuschuss zum PKW-Kauf stellen. Nahezu alle Kostenträger in Deutschland wenden die Regelungen der Kraftfahrzeugshilfe-Verordnung (KfzHV) an.

WICHTIG: Beantragen Sie formlos im Rahmen des Führerscheinerwerbs die Kostenübernahme eventuell erforderlicher Gutachten gleich mit.

Der Zuschuss zur Erlangung des Führerscheins ist nicht begrenzt. Jedoch richtet sich die Zuschusshöhe, wie beim Autokauf, nach der monatlichen Bezugsgröße des Einkommens. Das bedeutet: Liegt das monatliche Einkommen bei bis zu 40 Prozent der Bezugsgröße wird Ihnen ein Zuschuss in voller Höhe der notwendigen Führerscheinkosten gewährt. Bei bis zu 55 Prozent der Bezugsgröße werden ca. 2/3 der Kosten erstattet und bei bis zu 75 Prozent noch 1/3.

Schritt 3: Anmeldung bei der Fahrschule

Erst wenn Ihnen die Zusage zur Bezuschussung durch Ihren Kostenträger vorliegt, können Sie sich bei der Fahrschule anmelden. Ein Mitarbeiter der Fahrschule stellt dann gemeinsam mit Ihnen einen Antrag "auf Erteilung der Fahrerlaubnis" bei der zuständigen Führerscheinstelle.

In diesem Antrag muss angegeben werden, ob Ihre körperlichen oder geistigen Fähigkeiten in irgendeiner Weise durch Unfall oder Krankheit eingeschränkt sind. Wenn dies der Fall ist, wird die zuständige Behörde in der Regel Fachleute zurate ziehen und Sie auffordern ein medizinisches und ein technisches Gutachten vorzulegen.

ACHTUNG:
Schließen Sie den Ausbildungsvertrag mit Ihrer Fahrschule erst ab, wenn Sie einen positiven Bescheid Ihres Kostenträgers erhalten haben.

Schritt 4: Die Gutachten

Sie benötigen zwei Gutachten: ein medizinisches und ein technisches Gutachten.

Allgemeines zum Gutachten

Sie sind Auftraggeber der Gutachter und entscheiden, wer das Gutachten erstellt. Sollte das Gutachten nicht in Ihrem Sinne ausfallen, müssen Sie es nicht bei der Führerscheinstelle vorlegen. Gegebenenfalls können Sie einen anderen Sachverständigen beauftragen, ein neues Gutachten zu erstellen. Alle Gutachter unterliegen der Schweigepflicht. Wenn Sie mit dem Gutachten einverstanden sind, müssen Sie dem Gutachter allerdings durch Unterschrift gestatten, das Gutachten an bestimmte Stellen weiterzuleiten.

Das Gutachten sollte verständlich, logisch und nachvollziehbar sein. Es sollte nur die Punkte aufgreifen, die Ihre Fahreignung von der nicht behinderter Menschen unterscheidet. Wenn das Gutachten für Sie unverständlich ist, sollten Sie nachfragen und gegebenenfalls Nachbesserungen verlangen.

 

WICHTIG:

Sie erhalten das Original des Gutachtens. Verwahren Sie dieses bitte sorgfältig auf und geben Sie stets nur Kopien an die entsprechenden Stellen weiter!

Das medizinische Gutachten

Dieses Gutachten sollte von einem Facharzt (idealerweise einem Verkehrsmediziner. Eine aktuelle Liste der Verkehrsmediziner aus NRW finden Sie hier. ) geschrieben werden. Es sollte in allgemein verständlicher Sprache gehalten sein und Auskunft darüber geben, welche Krankheit oder Behinderung vorliegt. Des Weiteren sollte es klären, inwieweit diese Behinderung/Krankheit Sie in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit einschränkt. Begnügen Sie sich daher nicht mit einem Attest oder einer Bescheinigung, diese haben keine ausreichende Aussagekraft.

In den meisten Fällen reicht dieses einfache medizinische Gutachten aus. Sollte bei Ihnen ein neurologischer Befund vorliegen oder Ihr Handicap Spasmen verursachen können, wird in der Regel ein Medizinisch-Psychologisches Gutachten erforderlich sein. Insbesondere bei folgenden Erkrankungen ist dies häufig der Fall: spastische Lähmungen, Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfall, Spina Bifida und Multiple Sklerose.

Neben der medizinischen Untersuchung erfolgt eine psychologische Untersuchung, in der überprüft wird, ob Sie ein Fahrzeug ordnungsgemäß durch den Straßenverkehr steuern können. Im Einzelnen wird dabei getestet, ob Ihr Wahrnehmungs-, Orientierungs- und Reaktionsvermögen sowie Ihre Konzentration ausreichend sind.

 

Das technische Gutachten

Dieses Gutachten wird von einem amtlich anerkannten Sachverständigen des TÜV oder der DEKRA erstellt. In diesem Gutachten legt der Sachverständige fest, welche Hilfsmittel und Umbauten Sie für das Führen eines Kraftfahrzeugs mindestens benötigen. Der Gutachter kann hierzu auch eine Fahrprobe oder eine Messung Ihre Restkräfte verlangen.

 

Schritt 5: Die Fahrausbildung

Sobald Sie den vierten Schritt erfolgreich absolviert haben, verläuft die Fahrausbildung wie die anderer Fahrschüler auch. Damit Sie zur Prüfung zugelassen werden, müssen Sie mindestens 14 Theoriestunden und zwölf Sonderfahrten vorweisen. Bevor die Fahrlehrer die Sonderfahrten (fünf Überlandfahrten, vier Autobahnfahrten, drei Nachtfahrten) durchführen, machen Sie mit allen Fahrschülern in der Regel einige Übungsstunden, deren Anzahl von den individuellen Fähigkeiten des Fahrschülers abhängt. Am Ende der Fahrausbildung stehen die Zulassung zur theoretischen und praktischen Führerscheinprüfung und deren Durchführung.

Schritt 6: Eintragung von Auflagen und/oder Beschränkungen

Nach bestandener Prüfung sind Sie im Besitz der Fahrerlaubnis. Der Führerschein beinhaltet alle Auflagen und Beschränkungen, die Ihnen der Sachverständige in seinem technischen Gutachten auferlegt hat. Die Auflagen sind seit Einführung der EU-Führerscheine in Kennziffern verschlüsselt. Was diese Kennziffern bedeuten, finden Sie hier.

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